Aufgaben und gesetzlicher Auftrag einer Apotheke

Kleiner Bär mit Spritze und Medikamenten

Das Aufgabengebiet einer Apotheke hat sich den vergangenen Jahren und Jahrzehnten stark gewandelt. Stellten Apotheken früher auch Arzneimittel und Medizinprodukte – teilweise in großen Mengen – auch selbst her, so ist dieser spezielle Bereich heute nur mehr sehr gering ausgeprägt. Die Hauptaufgabe der Apothekerin bzw. des Apothekers und des Apothekenpersonals stellt die Beratung der Kunden hinsichtlich Wahl der Medikamente und die Aufklärung zu Neben- bzw. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln dar. Zusätzlich werden auch sogenannte „apothekenübliche Artikel“, beispielsweise Nahrungsergänzungsmittel, kosmetische Erzeugnisse, etc. verkauft. Letztgenannte Produkte gehören zur großen Gruppe der nicht-verschreibungspflichtigen Medikamente und verweisen auf ein Segment, das ein riesiges Potenzial für die Zukunft bereithält.

Generell zählt das Apothekenwesen in Österreich zu den gesetzlich stark geregelten Bereichen, mit einer Defacto-Monopolstellung. Das kommt daher, da in Österreich die Apotheke einen gesetzlichen Auftrag als Teil des Gesundheitssystems erfüllt: nämlich die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Wie dies ausgestaltet werden muss, ist im Österreichischen Apotheken-Gesetz festgeschrieben. Konkret geht es also auch um die Ausgabe der Medikamente an bestimmten Orten, den Apotheken. Das lateinische Wort „apotheca“, das unter anderem mit Depot, Aufbewahrungsort oder Speicher übersetzt werden kann, weist auf diesen Umstand hin. In Österreich regelt das Arzneimittelgesetzt (AMG) die Ausgabe von Medikamenten, die im Normalfall nur den Apotheken (die sogenannte „Apothekenpflicht“ bzw. das „Apothekenmonopol“) gestattet ist. Ausnahmen sind allerdings möglich und auch gesetzlich vorgesehen, etwa das Dispensierrecht. Dieses gestattet Hausärzten in Gegenden ohne stationäre Apotheken die direkte Abgabe von Medikamenten an Patienten.

Stationäre Apotheken können sich (noch) behaupten

Trotz des Umstands, dass immer größere Teile der Bevölkerung ihre Arzneien, im Regelfall sind das die nicht-verschreibungspflichtigen (OTC, over the counter), online bestellen und dann per Post oder Botendienst erhalten, haben die stationären Apotheken in Österreich noch lange nicht ausgedient. Laut einer 2018 veröffentlichen Studie der Österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zum heimischen Apothekenmarkt hat es in den vergangenen zehn Jahren einen Zuwachs an stationären Apotheken gegeben – auch in Wien. Generell ist das Angebot in den heimischen Apotheken mehr als ausreichend, rund 6.000 verschiedene Arzneien sind in der Regel lagernd. Der Online-Handel mit Medikamenten steckt hierzulande allerdings noch in den Kinderschuhen. In Österreich ist er erst seit 2015 gesetzlich erlaubt, aktuell sind 52 Apotheken in die Liste von registrierten Versandapotheken beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) eingetragen. Konkretere Zahlen gibt es in Österreich nur zum OTC-Geschäft, 2017 belief sich dort das Umsatzvolumen auf rund 853 Millionen Euro bezogen auf die Apothekenverkaufspreise. Gegenüber dem Jahr davor bedeutet das eine Erhöhung von 2,1 Prozent.

Die Verschreibungspflicht durch den Arzt bzw. die Verordnung und die Zunahme des Online-Handels haben dazu geführt, dass die in den Apotheken erbrachten klassischen Beratungsleistungen im Hinblick auf die Wahl des richtigen Arzneimittels zurückgegangen sind. Im OTC-Bereich besteht hingegen für den Apotheker ein deutlich größerer Beratungsspielraum. In puncto Versorgung muss man sich keine Sorgen machen, denn im Schnitt kann eine Apotheke innerhalb von zehn Minuten erreicht werden. Apotheken in Wien und bundesweit bieten neben den klassischen Beratungsleistungen auch weitere Dienstleistungen, etwa den Apothekenruf, ein Medikationsmanagement bei einem separaten Termin oder Gesundheitschecks an. Das alles sind klassische Kundenbindungsinstrumente, die der stationären Apotheken den Bestand auch in der Zukunft sichern helfen sollen.

Forderung nach Liberalisierung

Auch von Seiten der Gesetzgebung unterliegt der Online-Handel mit Medikamenten in Österreich und damit auch in der Bundeshauptstadt Wien erheblichen Einschränkungen. So muss etwa eine stationäre Apotheke vorhanden sein, von der aus auch versendet werden muss, und es dürfen nur nicht-rezeptpflichtige Medikamente angeboten werden. Diese Apotheke muss die erforderlichen Voraussetzungen gemäß Apotheken-Gesetz erfüllen und unterliegt vor ihrer Gründung einer Bedarfsprüfung. Darüber hinaus ist den (inländischen) Online-Apotheken eine konkrete Bewerbung preislicher Angebote (im Gegensatz zu ausländischen Online-Apotheken) verboten, was einen beträchtlichen Wettbewerbsnachteil nach sich zieht. Ausländische Online-Apotheken sind seit rund zehn Jahren am österreichischen Markt aktiv, stehen in starker Konkurrenz zu den stationären und den heimischen Online-Apotheken und fachen zusehends einen Preiswettbewerb an. In diesem Zusammenhang scheint es wenig verwunderlich, dass sich die österreichischen Wettbewerbshüter für eine Liberalisierung des Online-Handels mit Medikamenten aussprechen. Das würde zu einer höheren Zahl an Versandhändlern, mehr Preiswettbewerb und damit zu niedrigeren Preisen im OTC-Segment führen, heißt es von Seiten der BWB.

 

Pro und contra

Mit dem Wunsch nach mehr Liberalisierung können naturgemäß weder die Apothekerkammer noch der Verband der Arzneimittel-Großhändler (Phago) etwas anfangen. Betont wird die Gefahr einer Verschlechterung der Medikamentenversorgung und damit auch der Gesundheit der Menschen. Auf der anderen Seite begrüßen Unternehmen, die ebenfalls gerne und zeitnah in das Geschäft mit dem Medikamenten-Handel einsteigen wollen, beispielsweise die Drogeriekette dm, die Forderung der Bundeswettbewerbshörde. Von Seiten der Apotheker kommt eine laute Warnung: „Wer die Qualität unseres Gesundheitssystems ausschließlich mit den Regeln des Wettbewerbs misst, der spielt mit der Gesundheit, im schlimmsten Fall sogar mit dem Leben von Patienten“, betont die Präsidentin der Österreichischen Apothekenkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr. Ähnlich argumentieren die Pharma-Großhändler: „Derzeit schaffen es Apotheker und Großhandel gemeinsam, eine gut funktionierende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Der Großhandel garantiert, dass er binnen zwei Stunden an jeden Ort Österreichs Medikamente liefern kann. Sollten diese Empfehlungen (der BWB, Anm.) umgesetzt werden, drohe eine Verschlechterung der Arzneimittelversorgung, meint Phago-Präsident Andreas Windischbauer. Die Drogeriekette dm, die gerne, so wie andere Anbieter auch, rezeptfreie Medikamente verkaufen möchte, folgt der BWB-Empfehlung: „Das entspricht auch unserer Argumentation, dass wir mit unseren über 1.200 ausgebildeten Drogisten eine hervorragende Basisberatung sicherstellen können“, ergänzt dm-Geschäftsführer Harald Bauer. Gerade im OTC-Segment würden sich zahlreiche Betätigungsfelder auftun. Der wertmäßige Anteil des OTC-Bereichs am öffentlichen Apothekenmarkt betrug im Jahr 2017 16 %. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben für OTC-Arzneimittel liegt Österreich europaweit an zehnter Stelle, mit jährliche Wachstumsrate in den Jahren 2012-2016 wird mit 6,3 Prozent beziffert. Im OTC-Segment sind die Bereiche Husten und Erkältung, Magen- und Verdauungsmittel sowie Schmerz- und Rheumamittel mit einem Marktanteil von über 45 Prozent führend. Frau und Herr Österreicher sind außerdem der Möglichkeit, rezeptfreie Arzneimittel in Drogerien zu kaufen, nicht abgeneigt, 57 Prozent könnten sich laut einer MAKAM-Studie vorstellen, dies zu tun. Von diesen machen 15 Prozent einen Kauf davon abhängig, ob eine Beratungsleistung durch pharmazeutisch geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich ist. 14 Prozent würden nur dann den stationären Apotheken nur dann den Rücken zukehren, wenn die Medikamente in der Drogerie preisgünstiger zu erwerben sind.